Der Staat Bosnien-Herzegowina
Bosnien und Herzegowina ist ein Land, das auch vor dem letzten Krieg nicht
hochentwickelt war und ist immer noch sehr ländlich geprägt. Viele
Verkehrswege indes haben durch die Kriegshandlungen zusätzlich gelitten.
Jedoch gibt es Bemühungen, die Infrastruktur des Landes auf dem Straßenweg,
dem Luftweg und dem Bahnweg zu verbessern. Dabei gliedert sich der Staat
Bosnien-Herzegowina (BiH) in die muslimisch-kroatische Föderation und die
Republika Srpska im Norden. Bezüglich logistischer Unternehmungen macht
dies jedoch keinen Unterschied.
Zustand der Straßen/Straßenprojekte
Trotz der überwiegend ländlichen Struktur verfügt Bosnien-Herzegowina
jedoch über ein gutes Netz an Straßen, die alle größeren Ortschaften
miteinander verbinden. Es gibt aber immer noch mehr oder weniger
abgelegene Bergregionen, die nur durch Fußwege erreichbar sind. Aber
diese sind wirtschaftlich auch weniger interessant. Alle größeren Städte
- Banja Luka, Sarajewo, Tuzla, Teslic, Doboj, Mostar, Travnik, usw. - sind
durch Straßen gut angebunden. Hier ist die Tätigkeit eines
Logistikunternehmens gut denkbar.
Die Straßen befinden sich jedoch in mittelmäßigem bis schlechtem
Zustand, teilweise ist (noch) nicht asphaltiert worden.
2001 wurde mit der Autobahn 1 von der Adriaküste bis nach Budapest die
erste Autobahn Bosnien-Herzegowinas ein Projekt in Angriff genommen, das
die Infrastruktur des Landes verbessern soll. Die Strecke der Autobahn
soll von Ploce über Mostar, Sarajewo, Zenica und Doboj bis nach Budapest
führen. Geplant ist, damit einen Teil des europäischen Verkehrskorridors
5C zu bilden. Geplant ist der Bau von 360 Kilometern Strecke. Geplant ist,
das Projekt bis 2012 fertigzustellen. Derzeit wird außerdem die Autobahn
A2 von Banja Luka in der Republika Srpska über Gradiska nach Kroatien
gebaut.
Zu den Nachbarländern Ex-Jugoslawiens besteht eine gute Straßen-Verbindung.
Beispielsweise wurde noch unter Tito der "Autoput", die
Autobahn, eine Verbindung zwischen Zagreb und Belgrad gebaut, die durch
Bosnien-Herzegowina hindurchführt, unter dem Krieg aber massive Schäden
erlitt, die jedoch ausgebessert wurden. Auf diesem Wege beispielsweise
sind Verbindungen nach Zagreb und nach Belgrad möglich. Der Weg nach
Westeuropa führt teilweise über den Autoput nach Zagreb, vor dort aus in
die slowenische Hauptstadt Ljubljana (Laibach), das slowenische Maribor,
dann nach Österreich, beispielsweise über Villach, wo die slowenisch-österreichische
Grenze verläuft. Es besteht auch eine gute Verbindung von Zagreb nach
Budapest.
Es existieren außerdem zahlreiche Möglichkeiten, nach Serbien oder
Montenegro per Lkw einzureisen. Serbien verbindet Bosnien mit Mazedonien
und Montenegro mit dem Kosovo.
Nach Montenegro bestehen Verbindungen über das bosnische Trebinje nach
Niksic und Podgorice bzw. nach Tivat oder von Sarajewo nach Podgorice. Es
handelt sich allerdings um Landstraßen und diese sind in keinem besonders
guten Zustand.
Schiffswege
Bosnien-Herzegowina besitzt nur einen kleinen Anteil von 22 Kilometern an
der Adriaküste. Regen Schiffsverkehr gibt es dort keinen. Es ist jedoch
Praxis, Ware beispielsweise per Lkw nach Rijeka oder Split in Kroatien zu
transportieren, um sie von dort aus zu verschiffen. Der Grund ist, dass
Kroatien über ein weitflächiges Küstengebiet mit großen Städten verfügt,
wo traditionell der Schiffsverkehr seine Stätte hat. Schiffsverkehr über
Montenegro oder das Kosovo bzw. Albanien ist nicht ratsam, weil die
Regionen politisch unruhig sind und sich auch kein funktionierender
Schiffsverkehr etablieren konnte. Auch aufgrund der grassierenden
Kriminalität ist dieser Weg nicht zu bevorzugen.
Transport mit der Bahn
Die Bahn spielte in Bosnien-Herzegowina und auch im gesamten Bereich von
Ex-Jugoslawien bislang eine sehr untergeordnete Rolle. Für
Logistik-Fragen kommt die Bahn weniger in Betracht. Das Eisenbahn-Wesen
wurde unter Tito kaum ausgebaut und auch nicht danach. Menschen, die kein
Auto besitzen, behelfen sich mit Autobussen, die auch nur unregelmäßig
verkehren.
Dabei existieren zwei Bahngesellschaften: die der kroatisch-muslimischen Föderation
und die der Republika Srpska.
Hauptachsen des Eisenbahnverkehrs sind drei Bahnkorridore:
Im Nordwesten der Republik verläuft die Strecke zwischen Sisak und Split
(wobei Split einen interessanten Adriahafen hat) über Bosanski Novi,
Bihac und Knin.
Der zweite Korridor beginnt bei dem Hafen in Ploce und führt über das
Eisenbahnnetz in Ostkroatien zwischen Slavonski Brod, Vinkovci, Mostar,
Sarajewo und Doboj.
Der dritte Korridor ist eine Verbindungen der ersten beiden. Er beginnt in
Bosanski Novi, führt über Banja Luka, Doboj und Tuzla bis nach Brcko und
Zvornik. Hier besteht eine Verbindung der ersten beiden Korridore zum
Streckennetz der kroatischen und serbischen Eisenbahnen.
Obwohl schon vor dem letzten Krieg unterentwickelt, so wurde das
Eisenbahnnetz durch die kriegerischen Auseinandersetzungen in noch stärkere
Mitleidenschaft gezogen. Die Verbindung von Zagreb nach Sarajewo existiert
jedoch wieder, außerdem gibt es erneut eine tägliche Verbindung zwischen
Sarajewo und Belgrad. Die Regierung in Sarajewo visiert ein
Erneuerungsprogramm des Bahnnetzes an. Dabei sollen spanische
Talgo-Schnellzüge und eine beträchtliche Menge an Güterwaggons gekauft
werden, um das Bahnsystem zu modernisieren.
Die Eisenbahngesellschaft Železnice RS in der Republika Srpska hat
bereits 2009 einen Vertrag mit dem spanischen Bahnhersteller Patentes
Talgo über den Kauf von vier Talgo-Schnellzügen vereinbart.
Luftverkehr
Es gibt vier internationale Flughäfen, die sich in Banja Luka, Sarajewo,
Mostar und Tuzla befinden. Aufgrund der kleinen Zahl an Flughäfen und
Fluggesellschaften sind die Preise derzeit noch sehr hoch. 2006 wurde mit
der Europäischen Union ein Luftverkehrsabkommen geschlossen, das den
Wettbewerb verbessern und die Preise so senken soll. Derzeit sind neue
Projekte aber noch nicht bekannt. Gerüchteweise war zu vernehmen, dass
der Flughafen Tuzla geschlossen werden soll. Dies ist jedoch nicht der
Fall. Die Anteile der B&H Airlines wurden zum großen Teil an die
Turkish Airlines verkauft.
Zoll
Sowohl an der Grenze zu Kroatien als auch an der Grenze zu Serbien und
Montenegro muss der Zoll passiert werden. Die EU und Bosnien-Herzegowina
haben dabei am 16. Juni 2008 das Stabilisierungs- und
Assoziierungsabkommen (SAA) unterzeichnet. Demgemäß gelten seit dem 1.
Juli 2008 niedrigere Zölle. Von Seiten der EU wurden alle Tarife auf
Erzeugnisse gewerblicher Art aus Bosnien-Herzegowina abgeschafft.
Lieferungen in den südosteuropäischen Staat beinhalten niedrigere Sätze.
Binnen fünf Jahren sollen alle Zölle im Handel zwischen der EU und
Bosnien-Herzegowina wegfallen. Somit wird eine Freihandelszone entstehen.
Insbesondere Bosnien-Herzegowina steht hier vor Herausforderungen.
Bestechungs- und Schmiergelder
Auf dem gesamten Balkan sind Schmiergelder Usus. So müssen regelmäßig
Zollbeamte oder sonstige Beamte bestochen werden, damit ein Transport
reibungslos verläuft. Allerdings sind aufgrund der wirtschaftlichen Lage
in Bosnien-Herzegowina beispielsweise 20 Euro für einen Beamten viel. Die
Aufwendung für Schmiergelder hält sich daher noch im Rahmen, allerdings
müssen auch andere Grenzen wie die zwischen Slowenien und Kroatien
passiert werden. Bestechungsgelder sollten daher in logistische
Berechnungen mit einkalkuliert werden.
Transport in Bosnien-Herzegowina
Speditionen müssen in Bosnien-Herzegowina die örtlichen Gegebenheiten beachten. Für den Transport spielen die zum Teil weniger guten Straßenverhältnisse eine Rolle. Dass auch mal nicht-asphaltierte Wegstrecken zurückgelegt werden müssen, das gehört dazu. Auch die Ausschilderung bewegt sich nicht auf dem Standard wie in Westeuropa. Daher wird vor allem zu Beginn einer Kooperation häufiger ein Blick in die Straßenkarte notwendig sein. Angesprochene Landesbewohner sind in der Regel zwar sehr hilfsbereit,
sprechen aber nicht unbedingt Deutsch - und Englisch nur selten. Vor allem erstmalige
Transport sollten daher gut vorbereitet sein, damit Speditionen ihre Geschäfte in Bosnien-Herzegowina erfolgreich abwickeln können.
Dazu gehört auch, dass sich Spediteure frühzeitig daran gewöhnen sollten, dass in diesem Land - wie auch auf dem ganzen Balkan - Schmiergelder gezahlt werden müssen und Personen "in Amt und Würden" dies erwarten. Andernfalls drohen massive Schwierigkeiten.
Speditionen, die von Deutschland aus arbeiten, sollten diesen Umstand berücksichtigen, bevor sie ihre Fahrer losschicken und sollten diese entsprechend "ausstatten". |